ISBN-13: 9783050050812 / Niemiecki / Twarda / 2012 / 359 str.
Fur die Kulturgeschichte des westlichen Abendlandes seit der Antike sind Imaginationen von Farben in Literatur und Kunst konstitutiv. Besonders das christliche Mittelalter bedient sich der Farben, vielfach in Form einer bildkunstlerischen oder sprachlich erzeugten Zusammensetzung monochromer Flachen, um etwa die Substantiierung des Gottlichen in den "colores" zur Anschauung zu bringen oder Aspekte des sozialen Status von Personen, hofischer Pracht oder sozialer Unordnung darzulegen. Zu zeigen gilt es, dass Farben mithin im Rahmen kultureller Selbstvergewisserungsdebatten auch in Literatur und Kunst als sinngenerierende Medien und keineswegs als bloes Dekorum fungieren. Die in diesem Band versammelten Beitrage gehen davon aus, dass die vielfaltigen Verfahren der Farbevokation, wie sie in Literatur und Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart begegnen, Teil jener historisch allererst prazise zu ermittelnden Selbstbeschreibungsverfahren sind, die Konzepte von gesellschaftlicher und personaler Identitat erzeugen. An exemplarischen Erzahltexten aus Mittelalter und Neuzeit sowie an Beispielen aus der Kunstgeschichte erarbeiten die Autoren einerseits poetologisch-asthetische Implikationen von Farballusionen und andererseits deren diskurshistorische Zusammenhange. Der Band umfasst in seinem Kern Arbeiten zu den Farbsemantiken in der hofischen Erzahlliteratur. Ausgehend von diesem Zentrum werden die Farbdiskurse der neueren Literatur exemplarisch erortert. Dies geschieht z. B. an Goethes Farbenlehre, dem Antikediskurs der deutschen Klassik oder an rassistischen Farbstereotypen im 19. und 20. Jahrhundert. Daruber hinaus werden die Funktionen von Blutseiten in spatmittelalterlichen Handschriften erortert, die Rezeption von Pontormo in Video-Klang-Installationen der Gegenwartskunst sowie die Farben der Karthographie.
Literatur und Kunst des europäischen Abendlands sind durch die Imagination von Farben geprägt. Die hier versammelten Beiträge arbeiten den Zusammenhang auf, der zwischen ästhetischen, religiösen und sozialen Farbdiskursen sowie ihren literarischen und bildkünstlerischen Verhandlungen besteht. §An ausgewählten Beispielen vor allem der deutschen Literatur- und Kunstgeschichte werden Farbdiskurse und ihre unterschiedlichen Ausprägungen als Teil jener historisch je spezifischen Selbstbeschreibungsverfahren analysiert, die Konzepte von kultureller Identität vom Mittelalter bis zur Gegenwart generieren und kritisieren. Das thematische Spektrum der Beiträge reicht dabei von der Polychromie des höfischen Romans über den Antikediskurs der deutschen Klassik bis hin zu Farballusionen in Gegenwartsliteratur und -kunst.