ISBN-13: 9783824440559 / Niemiecki / Miękka / 1990 / 270 str.
Man kann den Umstand wohl aussergewohnlich nennen, der einen Schrift steller veranlasst, seine asthetischen und philosophischen Vorstellungen in Form einer Musiktheorie niederzulegen. Derartige Grenzuberschreitungen, die aus heutiger Perspektive eher als Dilettantismus abgetan werden, bildeten im Umfeld der avantgardistischen Kunststromungen des fruhen 20. Jh. s freilich keine Ausnahmeerscheinung. Alfred Doblins 'Gesprache mit Kalypso. Uber die Musik' erschienen nicht zufallig im 'Sturm', der Zeitschrift der gleichnamigen Kunstlergruppe, die zu Literaten ebenso wie zu Malern Kontakte pflegte und von einem Kompo nisten, Herwarth Walden, gegrundet worden war. Die exponierte Stellung, die die Musik in den Manifesten der damaligen Kunstlerkreise einnahm, ver dankte sich ihrem Vorbildcharakter fur die Realisierung einer reinen, gei stigen Kunst, die mittels Konstruktion ein immaterielles Lebensprinzip frei 2 setzen sollte. Uberdies erschienen zu jener Zeit eine Reihe wichtiger philosophischer Abhandlungen uber die Musik: Rudolf Kassners 'Moral der Musik' (1905)3, Ferrucio Busonis 'Versuch einer neuen Asthetik der Ton kunst'(1907)4, Ernst Blochs 'Geist der Utopie'(1923)S und Max Webers Schrift uber 'Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Mu sik'(1921)6. Keineswegs vergessen werden durfen die Nachwirkungen von 1 Zuerst erschienen in: 'Der Sturm'. l. Jg. Nr. 5 ff., Berlin, 1910. In d r vorliegenden Arbeit zitiert nach der neuen Ausgabe. Alfred Doblin: Schriften zu Asthetik, Poetik und Literatur. (V) Olten/ Freiburg i. B., 1989; S. 11-112. Nachweise der Zitate im folgenden eingeklammert im Text. 2 S. Wasslily Kandinsky: Uber die Formfrage (zuerst 1912). In: Der Blaue Reiter. Hg. v. Wassily Kandinsky und Franz Mare, Munchen, 1965;