ISBN-13: 9783484321267 / Angielski / Twarda / 2006 / 404 str.
Diese Arbeit ist ein Versuch, Holderlins Turmdichtung erstmals umfassend zu deuten und strukturell zu erschlieen. Zunachst wird die immanente Poetik der Turmdichtung unter den Gesichtspunkten der Bildlichkeit, der Landschaft, der Zeit und des Raumes rekonstruiert. Anschlieend wird ein Zugang zur diatetisch-therapeutischen Poetik der Turmdichtung eroffnet. Es zeigt sich dabei, dass diese diatetische Poetik eng mit einer Therapeutik des Lebens verbunden ist, die zugleich eine Hermeneutik des Lebens darstellt. Holderlin steht noch zu Lebzeiten in der Diskurs-Geschichte des "wahnsinnigen Dichters"; er lebt im Tubinger Turm notgedrungen einen Topos, erscheint als ein neuer Tasso - eine Rolle, in die er sich geradezu gedrangt sehen musste. Der circulus vitiosus, als Kranker zugleich immer auch die Rolle eines Kranken spielen zu mussen, ist fur das bedrangte Selbst eine besondere Herausforderung. So wie Holderlins Dichtung enthalt auch seine Lebenspraxis diatetische Zuge. Dies zeigt sich in ihrer Sparsamkeit, ihrer Rhythmik, in der Bedeutung als Ausdruck und Therapie der Unruhe in der Ritualitat der sozialen Interaktion, wie sie Holderlin in seiner Rolle als "Scardanelli" zum Ausdruck bringt. Das Pseudonym "Scardanelli" wird dabei als inszenatorische Reflexionsfigur des wahnsinnigen Dichters und eines poeta minor gedeutet.