ISBN-13: 9783110272086 / Niemiecki / Twarda / 2012 / 361 str.
Stendhals De l'Amour, aber auch die im 19. Jahrhundert weit verbreiteten Gluckseligkeitslehren bringen zu Bewusstsein, dass Liebe verganglich ist und dass zu ihrem Erhalt Imagination und Sorgfalt investiert werden mussen. Die auch in Deutschland seit dem Vormarz in die Diskussion geratene Ehe kann vor der "Stagnation in der Prosa des Alltaglichen," wie Ferdinand Gregorovius schreibt, nur bewahrt werden durch "den dauernden Reiz geheimnisvoller Magie." Ein solches - so die These dieser Arbeit - den Verklarungstechniken des poetischen Realismus verwandtes Verfahren der Spannungserhaltung und -ubertragung realisiert sich im Brief. Das Anwachsen der Briefe zu regelrechten Erzahlwerken unddas eklektische Aufgreifen empfindsamer undromantischer, aber auch naturwissenschaftlicher Muster sind in den hier dargestellten Briefwechseln darauf gerichtet, der Liebe Dauer zu geben. Wenn der Kulturkritiker Max Nordau 1885 hohnisch von einer modernen "Literaturliebe" spricht, die den ursprunglichen Trieb "verkunstelt" habe, dann trifft er damit letzten Endes sehr genau, was hier passiert: Die Entdeckung der Literatur als Praxis einer diskursivierten Liebe, die sich in jedem Augenblick aufs Neue erzahlen muss.