Nicht aus der politischen Zentralperspektive der Macht, sondern von den Rndern her erffnet Enzensberger unseren Blick auf ein Europa der Wnsche, das seine Zukunft vielleicht noch nicht hinter sich hat. In seinem Epilog, einer imaginren Reportage aus dem Jahre 2006, entwirft Enzensberger eine ironische Utopie: das Bild einer Halbinsel, die von der Differenz lebt und die nicht abdanken will.

In dreiunddreiig Gesngen wird die Katastrophe dargestellt, mit allen Einzelheiten, mit der Mannschaft und den Passagieren, den Toten und den berlebenden, der gesellschaftlichen Hierarchie des Schiffs, seinen Salongemlden, dem First-Class-Dinner, den Zeitangaben, Temperaturen und Geruschen.

Hans Magnus Enzensberger hat sich seit seinen literarischen Anfngen immer wieder mit naturwissenschaftlichen Themen, mit Wissenschaftsgeschichte und mit den Erkenntnismethoden und Biographien der Forscher beschftigt. Fr ihn ist es ganz selbstverstndlich, da die Poesie und die Wissenschaften nicht nur eine gemeinsame Wurzel haben, sondern ihre Begegnung auf Augenhhe heute mehr denn je zukunftstrchtig und notwendig ist. Da ein Poet sich mit Mathematik und Chemie, Medizin, Teilchenphysik und Genetik zu beschftigen hat, wenn er in der Literatur ernst genommen werden will, gilt ihm als ausgemacht;...

Hans Magnus Enzensberger schaut in diesen 99 Meditationen genau hin: Die Wolken sind ihm Fremdes und Gleichnis menschlichen Lebens. Er hlt das einzelne Kleine, das Flchtige fest und gibt ihm die Wrde des Moments; und er fragt nach dem Ewigen, sucht das Gesetz, in dem Geborenwerden und Sterben nur zwei Seiten des Vergnglichen sind.Das Ende der Welt kommt ohne Beobachter aus, heit es, aber so lange lt Enzensberger sich die Neugier nicht nehmen. Und nicht die Gelassenheit, sich mit einer Spezies zu beschftigen, von der eines feststeht: da sie uns berleben wird/um ein paar Millionen Jahre/hin...

Die hier verffentlichten Essays bilden den Teil I der Sammlung Einzelheiten von 1962. Sie zerstreuen die Legende, da Gedanken mit der Welt, aus der sie kommen, nichts zu schaffen htten. Enzensberger analysiert einen Produktionsproze: die Herstellung nicht von Waren, sondern von Bewusstseins-Inhalten. Die Bewutseins-Industrie, schreibt Enzensberger, ist die eigentliche Schlsselindustrie des 20. Jahrhunderts.

Diese Essays, 1962 zusammen mit anderen Aufsätzen des Autors in dem Buch Einzelheiten veröffentlicht, analysieren ein "immer leidiges, zuweilen blutiges Thema, getrübt von Ressentiment und Untertanengeist, Verdächtigung und schlechtem Gewissen" -: die Dialektik von Literatur und Politik, Sprache und Gesellschaft. Was hat Dichtung mit Politik zu scharfen? Wie verhält sich die Kunst zur Gesellschaft? Derlei Fragen geht Enzensberger nach, jeweils am Einzelfall. Er löst den ideologischen Rost von den literarischen Sachverhalten. Kritik ist seine Absicht, und sie geht, weil in die...

Von Beginn an hat die Menschheit Praktiken erfunden, um mit den scheinbar unberechenbaren Wechselfällen ihrer Existenz fertigzuwerden. Mit den alten Beschwörungsformeln der Schamanen und Magier aber hat die Moderne sich nicht zufriedengeben wollen. So trat an die Stelle von Aberglauben und Unvernunft das Kalkül, und nicht mehr vom Schicksal war die Rede, sondern vom Zufall.§§Die Mathematiker entwickelten Modelle, die beim Glücksspiel ebenso von Nutzen sein sollten wie bei gewichtigeren Vorhersagen. "Wahrscheinlichkeitstheorie" wurde das Zauberwort, mit dem das Unbekannte beherrscht,...

Was da unaufhörlich tickt / und feuert, das soll ich sein? Die Neugier auf die Erfahrung seiner selbst und auf die Rätsel, die ihm der Alltag und die Philosophie und die Biologie zuspielen DER SPIEGEL, hat sich Hans Magnus Enzensberger seit der Verteidigung der Wölfe (1957), seinem ersten Gedichtband, nicht nehmen lassen. In all den Jahrzehnten seither ist sein Werk wie wenige andere zu einem poetischen Vademecum für Zeitgenossen geworden. Wir wüßten keinen, mit dem wir uns lieber einen Reim auf diese Welt machen würden , schrieb einmal die Neue Zürcher Zeitung voilà: Enzensbergers...