Bisher hat die Wissenssoziologie ihre Thematik nur mit einer sehr starken Einschrnkung verfolgt. Es ging ihr primr um das Wissen der anderen. Im Unterschied dazu geht es in den hier vorgelegten Studien immer auch um das soziologische Wissen selbst. Ihre Frage lautet, wie dieses Wissen den semantischen Haushalt der modernen Gesellschaft verndert hat. Und ihre Antwort besagt, dass es neben der Selbstbeschreibung der sozialen Systeme nun auch eine Fremdbeschreibung gibt, die aus grerer Distanz zugleich mehr Wissen und weniger Wissen anbieten kann, als in den Systemen selbst verfgbar ist.

Den ersten beiden Büchern mit wissenssoziologischen Untersuchungen, die Niklas Luhmann zu Beginn der 1980er Jahre unter dem Titel Gesellschaftsstruktur und Semantik publiziert hatte, sollte damals ein dritter Band unmittelbar folgen. Nachdem der Aufsatz über "Liebe als Passion", der in den Band eingehen sollte, sich zu einem eigenen Buch verselbständigt hatte, wurde dieses Projekt nicht verwirklicht. Daneben waren drei weitere Studien geplant: "Sinn, Selbstreferenz und soziokulturelle Evolution", "Die Ausdifferenzierung von Erkenntnisgewinn" und der bis heute unpublizierte Text...

Individuen kann man bekanntlich daran erkennen, daß sie einen Knick in der Optik haben. Sie gewinnen allen öffentlich zugänglichen Dingen und Ereignissen einen zweiten Sinn ab, der zunächst einmal nur für sie selbst zugänglich ist. In dieser höchst persönlichen Optik mag dann etwa als Langsamkeit eines Mitmenschen erlebt werden, was dieser der Ungeduld des Erlebenden selbst zurechnen würde. Besonders konsensfähig ist diese individualisierte Art des Erlebens also nicht. Immerhin kann der Fall eintreten, daß ein anderer, statt einfach nur mit dem Kopf zu schütteln, sich in meine...