ISBN-13: 9783050044934 / Niemiecki / Twarda / 2008 / 245 str.
Als Sondergesetz fur die Protestanten fand das Augsburger Interim 1548 bei den betroffenen Reichsstanden nie wirklich Akzeptanz. In der kurzen Zeit seiner politischen Brisanz bemuhten sich protestantische Obrigkeiten und ihre Theologen intensiv um kirchenpolitische Schadensbegrenzung. Dieses Ringen steht im Mittelpunkt des Buchs. Jenseits der groen politischen und theologischen Protagonisten der Interimskrise bildet die Hansestadt Stralsund den Hauptgegenstand der Arbeit. Als Mitglied der wendischen Hanse hatte sie sich fruh von ihrem Landesherrn emanzipiert. Wegen des Interims geriet sie nun in Konflikt mit ihren Predigern. In dieser spezifischen Situation mit ihren verschiedenen Akteuren und Konstellationen konkretisieren sich anhand lokaler Netzwerke, familiarer Beziehungen und verfassungspolitischer Konstanten Argumentationsstrukturen und Verhaltensmuster der Konfliktparteien innerhalb des politischen Gesamtgeschehens. Als neue soziale Gruppe beanspruchte die evangelische Geistlichkeit eine aktive Rolle in der Gesellschaft. Mit der Fursorge und Verantwortung fur das Seelenheil der Gemeinde verband sie das Recht auf Begleitung und kritische Reflexion politischer Entscheidungsprozesse. Obrigkeitskritik bedeutete damit, der weltlichen Gewalt Grenzen aufzuzeigen. Zur Debatte standen normative Werte der fruhneuzeitlichen Standegesellschaft, von Begriffen wie Gemeiner Nutzen oder Gehorsam bis zum Vorwurf der Widersetzlichkeit und des Ungehorsams. Vor dem Hintergrund des Interims stellte sich die Frage nach den Grenzen obrigkeitlicher Gewalt und der Wirksamkeit geistlicher Amtsfuhrung in der Welt auf eine neue, in ihrer Vehemenz bisher unbekannten Weise.