ISBN-13: 9783484157095 / Angielski / Twarda / 2008 / 607 str.
Band 9 der Kritischen Karl Philipp Moritz-Gesamtausgabe macht Moritz' briefstellerische Werke erstmals wieder zuganglich: die Anleitung zum Briefschreiben (1783) und den Allgemeinen deutschen Briefsteller (1793). Beide Texte sind nur scheinbar pragmatische Nebenwerke des Autobiographen und Autonomie-Asthetikers. Ahnlich wie Moritz' Schriften zur Sprachrichtigkeit gehoren die didaktisch aufbereiteten Handreichungen zum Verfassen 'guter' Briefe ins Zentrum der Berliner Spataufklarung, die durch Verbesserung der Breitenbildung das gesellschaftliche Zusammenleben vernunftiger gestalten wollte. Wahrend die kurze Anleitung seinerzeit weitgehend unbeachtet blieb, hat sich der systematisch angelegte Allgemeine deutsche Briefsteller zu Moritz' zweiterfolgreichstem Werk entwickelt (ubertroffen allein von seiner Gotterlehre ). Den direkten Anknupfungspunkt bildet Christian Furchtegott Gellert, dessen Pladoyer fur Naturlichkeit und unverstellten Gefuhlsausdruck von Moritz ubernommen wird. Moritz verknupft diese empfindsamen Stil-Postulate jedoch mit seiner autonomieasthetischen Stil-Lehre. Da Moritz im Interesse eines unverfalschten Individualstils sich vor allem auf authentische Briefe stutzt und seine Beispiele bevorzugt dem eigenen Alltag entnimmt, sind in den beiden Briefstellern zum einen zahlreiche Briefdokumente zu Moritz' Vita und OEuvre uberliefert; zum anderen bieten die authentischen Musterbriefe einen prazisen Einblick in die hierarchischen Strukturen der preuischen Gesellschaft am Ende des 18. Jahrhunderts. Indem sie die streng reglementierten Anreden und Gruformeln hinterfragen, gewinnen die Briefsteller uber ihre Ratgeber-Funktion hinaus eine nachdrucklich feudalismuskritische Dimension. Die kritische Edition von Moritz' beiden Briefstellern prasentiert zwei von der Literatur- und Sprachwissenschaft bislang vernachlassigte Beispiele einer genuin aufklarerischen Textsorte, deren historische Relevanz ebenso aus der volksaufklarerischen Zielsetzung wie aus dem sozialkritischen Impetus, die Freiheit des Individuums gegen gesellschaftliche Normierung zu behaupten, erwachst.