ISBN-13: 9783322972521 / Niemiecki / Miękka / 2014 / 263 str.
1. Die Zeichen von Krieg, Vertreibung und Flucht, die heute unsere Nachrich ten aus Osteuropa beherrschen, verleihen dem Thema dieses Bandes eine grauenhafte Aktualitat. Das halbe Jahrhundert gepanzerter Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg hatte fast vergessen lassen, welche Gewalt die unter druckten Konflikte um Lebensformen und Territorien behalten; wie erbittert sie als Kampf um ethnische oder nationale Identitat erlebt und gefuhrt wer den. Es ist wie ein Blick in die brutale Vorgeschichte des Heimatphanomens, dessen materielle Dynamik durch den hegemonialen Fortschritt von Industrie und Weltmarkt - fur unsere Weltgegend jedenfalls - gebandigt schien. Der sakulare Modemisierungsprozess zerstort ja mit dem Zwang zu Indu strialisierung und Weltmarktanpassung unaufhaltsam und unumkehrbar die traditionalen Grundlagen von regionalen Kulturen, von Gemeinschaftlichkeit und kollektiver Identitat; wir sahen und sehen fortgesetzt diesen lebensweltli chen Strukturwandel, in dem das Materiale der Heimat untergeht. Den ge schichtlichen Individualitaten der Landschaft, der agrarischen, handwerkli chen und auch industriellen Arbeitsformen, der Bauformen, der familialen Muster, schliesslich der Mentalitaten und Sprachformen wird-im Zuge einer Subsumption unter das Allgemeine des globalen Verwertungsprozesses-ihr Eigensinn genommen. Aber ist es nicht so, dass gerade an diesem Eigenen - Sehnsucht wie Hass stiftend - in unserer Kindheit sich eine psychosoziale Disposition bildete, die unser Wesen durchpragt, in die wir immer schon ver setzt sind und die uns nur im nachhinein - in der Bewusstseinsaufgabe, unser Erleben zu reflektieren - zuganglich wird. So ist Heimat das dem Einzelnen zugefugte Eigene, dem er sich affirmativ oder kritisch, getrieben oder sublimierend widmen oder entziehen kann."