ISBN-13: 9783531164137 / Niemiecki / Miękka / 2009 / 627 str.
Am 21. Juli 2005 loste Bundesprasident Horst Kohler den 15. Deutschen Bundestag auf und machte damit den Weg zu einer vorgezogenen Neuwahl frei. Anlass war die Niederlage der rot-grunen Koalition bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai 2005, einem Bundesland, das sich seit 1966 zu einer Hochburg der SPD ent- ckelt hatte. Die Ursachen lagen freilich tiefer. Der amtierenden Bundesregierung war es nicht gelungen, die Wahlerschaft von der Notwendigkeit der von ihr eingeleiteten Reform des Sozialstaates zu uberzeugen. Der Streit uber die Agenda 2010, mit der Bundeskanzler Schroder sein politisches Schicksal verknupft hatte, spaltete nicht nur die deutsche Gesellschaft, sondern auch die Partei des Bundeskanzlers und fand mit der Abwahl der nordrhein-westfalischen Landesregierung einen Kulminationspunkt, der der SPD-Fuhrung uberdeutlich die Erosion der Wahlerbasis signalisierte. Das vorzeitige Ende einer Regierung ist in einer Demokratie kein ungewohnlicher Vorgang. Fur Deutschland gilt diese Feststellung allerdings nicht, denn manche Be- achter der politischen Entwicklung interpretieren die fur Deutschland typische zugige Bildung parlamentarischer Mehrheitsregierungen und deren Fortbestand wahrend der gesamten Dauer der Legislaturperiode des Bundestages geradezu als ein Gutesiegel der deutschen Demokratie. So kam es in der Geschichte der Bundesrepublik nur viermal zu einer vorgezogenen Neuwahl des Bundestages, namlich 1972, 1983, 1990 und 2005. Abgesehen von dem Sonderfall der vorzeitigen Neuwahl des Bundestages im Jahr 1990, die nicht aus einer innenpolitischen Krise resultierte, sondern durch die Wied- vereinigung bedingt war, weisen auch die anderen drei Auflosungsszenarien ihre S- zifika auf und ahneln nur bedingt den anderen."