ISBN-13: 9781497438040 / Niemiecki / Miękka / 2014 / 358 str.
Es war der 1. Marz 1982 - und die USA befanden sich im Kampf ums nackte Uberleben. Man brachte Prasident Reagan in den Situation Room des Weissen Hauses, wo er ein Briefing zur aktuellen Bedrohungseinschatzung der Nachrichtendienste erhielt: Der Warschauer Pakt machte mobil, es schien nun definitiv ernst zu werden. Dann trafen die ersten Meldungen ein, wonach sowjetische Interkontinentalraketen gestartet worden seien; die vermutlichen Einschlagsorte wurden prognostiziert. Nur wenige Minuten spater erschienen auf den Bildschirmen vor den Augen Ronald Reagans die ersten roten Punkte auf der Landkarte der USA - markierend die nuklearen Detonationen. Inzwischen lag sicherlich auch London in Schutt und Asche, und fur diesen Fall hatte gerade die britische Seemacht spezielle Vorkehrungen getroffen. Nach vier Stunden Totenstille in der Heimat wurde die Royal Navy aktiv werden. Derartige War Games" und Kriegssimulationen spielen eine prominente Rolle in Band 6 der Gesamtstudie Vom Raketenschach der Kubakrise zum Krieg gegen den Terrorismus," Resultat eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG unterstutzten Forschungsprojektes: Die Studie wendet sich der direkten Konfrontation zwischen den USA und der UdSSR, zwischen NATO und Warschauer Pakt in den 80er Jahren zu, dem Hohepunkt der Spannungen in jenem Zweiten Kalten Krieg. Die Darstellung erstreckt sich von der Militarpolitik Prasident Reagans und insbesondere seinen SDI-Visionen uber die (in den meisten Darstellungen zum Thema NATO-Doppelbeschluss vergessene) maritime Komponente der westlichen Nachrustung bis hin zu den Anfangen einer neuen Detente und zu den Abrustungsverhandlungen zwischen Reagan und Gorbatschow. Dabei beleuchtet die Analyse nicht nur zwei besonders gefahrliche und dramatische Episoden aus jener Zeit - den Nuklearalarm von Serpukhov-15 und die sowjetische Wahrnehmung der NATO-Kommandostabsubung Able Archer 83" (ein noch immer ratselhaftes, ja mythenumranktes Kapitel des Kalten Krieges, welches sich im November 2013 zum 30. Mal jahrt), sie bietet dem interessierten Leser auch drei weitere Hohepunkte": Zum ersten wirft die Studie einen Blick auf die sowjetische Militardoktrin in den spaten 70er und 80er Jahren, und sie zieht dazu auch hochst bemerkenswerte, erst vor kurzem freigegebene Quellen heran: Die Insiderberichte und Dokumentenlieferungen des polnischen Oberst Ryszard Kuklinski, des Top-Spions der CIA unter den Generalstabsoffizieren des Warschauer Paktes. Zum zweiten analysiert die Studie eine grosse Zahl von Geheimdienstdossiers der DDR-Auslandsspionage, also der Hauptverwaltung Aufklarung HVA der Stasi" aus den 80er Jahren, welche fur die einzelnen NATO-Staaten exakt die jeweiligen militarischen Starken, aber insbesondere auch die Achillesfersen auflisten. Sollten jene Schwachstellen nicht beseitigt werden, so ein HVA-Bericht 1984, wurde die Abhangigkeit der NATO vom Kernwaffeneinsatz weiter zunehmen." Wenn die konventionelle Rustung der Allianz nicht beschleunigt werde, so laut HVA auch das Resumee der NATO-Fuhrung, dann bewegte sich die Flexible-Response-Strategie noch immer auf einer sehr fragilen Grundlage: Damit bleibe die Gefahr politischer Druckausubung und von Aggressionen' gegen die NATO erhalten, verbunden mit dem Zwang zum fruhzeitigen Einsatz von Kernwaffen." Vor allem eine spezielle Schwachstelle hob die ostdeutsche Auslandsspionage regelmassig hervor: Viele NATO-Verbande hatten im Falle eines massierten Einsatzes von Giftgas durch den Warschauer Pakt kaum eine Uberlebenschance Und zum dritten war der HVA gegen Ende 1983 eine ausfuhrliche, computergestutzte Kriegssimulation des NATO-Hauptquartiers in die Hande gefallen, welche mit grosser Detailgetreue das Szenario eines Angriffs des Warschauer Paktes auf die Bundesrepublik Deutschland durchspielte - ausserordentlich prazise Informationen uber eine Landkriegssimulation der NATO, welche das zuvor ausspionierte Wissen"