ISBN-13: 9783110255812 / Niemiecki / Twarda / 2011 / 362 str.
ISBN-13: 9783110255812 / Niemiecki / Twarda / 2011 / 362 str.
Herder und Nietzsche werden bis heute oft nicht als ernstzunehmende Philosophen wahrgenommen. Ihr bewusst nicht-systematisches Denken lasst sie vorgeblichals bloe Schriftsteller, Dichter, Prediger, Moralisten erscheinen und von ihnen keinen mageblichen Beitrag zur philosophischen Forschung erwarten. Inzwischen hat sich das Selbstverstandnis des Philosophierens geandert, und zu dieser Anderung haben sie, wie diese Arbeit zeigt, mageblich beigetragen. Sie haben die Philosophie selbst aufgrund ihrer naturlichen, moralischen und religiosen Bindungen skeptisch in Frage gestellt: Sie beschreiben den Menschen von Grund auf neu vom naturlichen Ursprung seiner Sprache her, so dass sein Denken nicht auf eine rein geistige Operation reduziert werden kann. Wo Herder noch von religiosem Vertrauen getragen ist, bezieht Nietzsche in seine Genealogisierung auch das genealogisierende Subjekt mit ein. Beide, Herder und Nietzsche, verstehen die Wahrheit pragmatisch. Pragmatisch ist auch ihre Betrachtung der Historie, die dem Leben dienen soll. Wie sie das kann, hangt von der Reflexion daruber ab, wie der Mensch, die Kultur, die Geschichte und die Gesellschaft bestimmt werden, um Orientierung geben zu konnen. Herder und Nietzsche machen misstrauisch gegen Ideologien und Prophezeiungen. Will Herder nach den aufklarerischen rationalistischen Verunsicherungen wieder Mut zum christlichen Glauben machen, so kann in der Dialektik der Aufklarung nach Nietzsche das Individuum letztlich Sicherheit nur aus sich selbst gewinnen.
Den Menschen als natürliches Kulturwesen zu verstehen ist eine klassische Option des philosophischen Denkens. Sie läuft leicht Gefahr, zum Reduktionismus zu werden. Ihre epistemische Grenze und ihr praktisches Interesse muss darum auch heute noch sorgfältig reflektiert werden. Herder und Nietzsche ermöglichen das auf je verschiedene, aber dennoch verwandte Weise. Ihre Denkansätze werden hier zum ersten Mal systematisch auf die spezifische Verflechtung ihrer Anthropologie, Sprach- und Geschichtsphilosophie hin aufeinander bezogen und miteinander verglichen.