ISBN-13: 9783322972989 / Niemiecki / Miękka / 2012 / 318 str.
Sexuelle Gewalttaten an Kindern werden als "risikolose" oder "perfekte" (Bundestag DS 10/3835,1985, S. 5, Enders 1990, S. 21, Weis 1982, S. 27) Vergehen oder Verbrechen charakterisiert, weil es den Betroffenen in ver schiedenen Stadien unmoglich gemacht wird, das "bestgehutete Geheimnis" (Rush 1982) preiszugeben, ohne Stigmatisierungen in Kauf nehmen zu mussen. Bei den Ubergriffen bedienen sich die Tater subtiler Mechanismen wie Ausnutzen sexueller Unwissenheit und Schuren von Schuld-und Schamge fuhlen. Zudem weisen sie haufig den Kindern eine Mitverantwortung fur den Erhalt der Familie zu, um sie zum Schweigen zu bringen. Hierbei sind "ausgesprochene oder unausgesprochene Drohungen des Taters (z.B., Wenn Du daruber sprichst, kommst Du ins Heim/wird Mutter krank/habe ich Dich nicht mehr lieb ... ')" (Enders 1990, S. 21) vielfach Mittel zum Zweck. Schuld- und Schamgefuhle werden weiterhin durch auferlegte Geheimhal tungsgebote des Taters sowie durch die Wahrnehmung der gesellschaftli chen Einstellungen zu den Gewaltakten und/oder des verbotenen Charakters der Handlungen verstarkt. Dies alles tragt dazu bei, dass Kinder sich vor werfen, sich nicht ausreichend gewehrt oder mitgemacht zu haben (vgl. Armstrong 1985, Baumgardt 1989, Gardiner-Sirtl 1983, Gutjahr/Schrader 1990, Hartwig 1990, KavemannILohstoter 1991, Rush 1982, Steinhage 1987). "Jeder Versuch des Kindes, den Schander blosszustellen, entblosst auch seine eigenen, angeblich angeborenen sexuellen Beweggrunde und beschamt es statt den Tater; ihm bleibt nur die Ver heimlichung. Das Dilemma des sexuellen Missbrauchs von Kindern hat ein narrensicheres Sy stem emotionaler Erpressung geschaffen: Wenn das Opfer den Tater beschuldigt, beschuldigt es sich auch selbst" (Rush 1982, S. 1