ISBN-13: 9783810036735 / Niemiecki / Miękka / 2002 / 386 str.
Mit Erstaunen beobachtet man heutzutage, wie in vielen Gesellschaften die Religionen wieder an Bedeutung gewinnen. In den Landern des ehemaligen Ostblocks werden Kirchen und Moscheen wieder geoffnet, die lange Zeit ge schlossen waren. Islamisierung lasst sich als gesellschaftlicher und politischer Trend nicht nur im persischen und arabischen Kulturraum feststellen, sondern hat ebenso den turanischen, afghanischen, pakistanischen und indonesischen Islam erfasst. Eine neohinduistische Bewegung dominiert die politische Buhne in Indien und die chinesischen Behorden sehen sich zunehmend genotigt, ge gen wiedererstarkte Sekten und religiose Bewegungen vorzugehen. Religioser Revivalismus ist in Afrika ebenso wie in Sudostasien zu beobachten und in Sudamerika werden Millionen von Menschen von den Evangelisierungskam pagnen protestantischer Sekten erfasst. Es handelt sich offenbar um einen weltweiten Trend, der dementsprechend auch langst seinen publizistischen Niederschlag erfahren hat. Kaum hat eine erregte Offentlichkeit Gilles Kepels Wamung vor der "Rache Gottes," dem Vormarsch der radikalen Christen, Moslems und Juden, verdaut, erhitzt Samuel Huntingtons "Kampf der Kultu ren" die Gemuter mit einer These, die sich auf die gleiche Beobachtung einer Renaissance des Religiosen als primarem Kulturfaktor beruft. I Dies alles fugt sich schwerlich in das Bild, das sich die soziologische Theorie vom Modernisierungsprozess macht. Nicht die Resakralisierung von Politik und Gesellschaft durch die Religionen, sondern die zunehmende Dif ferenzierung zwischen Religion, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und den anderen gesellschaftlichen Funktionsbereichen waren den Modernisierungs theorien zufolge zu erwarten gewesen. Systemtheoretiker und Theoretiker der Postmoderne sehen, Meta-Erzahlungen', zu denen vor allem die Religionen gehoren, im Niedergang."