ISBN-13: 9783484680111 / Niemiecki / Twarda / 1996 / 305 str.
Ausgehend von der Erkenntnis, da die herkommliche Purismus-Debatte den Begriff der Sprachreinheit einseitig unter dem Primat der sogenannten Fremdwortfrage verstanden hat, entwickelt der Autor in dieser Studie ein komplexeres Bild der Wort-, Bedeutungs- und Wirkungsgeschichte des Begriffs "Reinheit" im deutschen Sprachraum von Luther bis Adelung, um von dieser Grundlage aus auch den engeren Begriff der "Sprachreinheit" neu einzugrenzen. Dies gelingt vor allem dadurch, da der diskutierte Begriff zuerst als Problem der Rhetorik - namlich in der differenzierten Tradition der rhetorischen puritas - gesehen wird; auf der Einsicht in den gleichermaen asthetischen wie pragmatischen Charakter der Rhetorik basiert der interdisziplinare Forschungsansatz, mit dem der Autor seinen Gegenstand erschliet. Das zentrale Anliegen dieser Studie ist es, die Wirksamkeit der Kategorie puritas nicht auf die Sprache beschrankt zu sehen, sondern ihr in weiteren relevanten Feldern der sich im Untersuchungszeitraum konstituierenden burgerlichen Gesellschaft nachzugehen: im sowohl lebenspraktisch wie wissenschaftstheoretisch dominanten Bereich der Theologie und Religiositat - hier insbesondere bei Luther und im Pietismus, im Bereich der Poetik sowie der Sprachgeschichte und -philosophie, im Bereich der politischen und nationalen Identitatsbildung und nicht zuletzt im Bereich der Korperpflege und der Schamnormen. Anhand umfangreicher Analysen der originaren Quellenschriften kann der Autor dem problematischen Begriff sein ideologisches, mentalitatsgeschichtliches Umfeld zuruckgewinnen, das allein zu erklaren vermag, weshalb "Reinheit der Sprache" bis heute ein hochst problematischer, zwischen Restriktion und Innovation oszillierender Begriff geblieben ist. - Ein Anhang stellt die aus Luthers Schriften gewonnenen Belegstellen zum Thema "Reinheit" im Originalwortlaut (teilweise mit Ubersetzungen aus dem Lateinischen) zur Verfugung.