ISBN-13: 9783955583446 / Niemiecki / Miękka / 240 str.
»Gerade eben habe ich angeregt, nicht davor zurückzuschrecken, auch Patienten mit frühem Trauma Deutungen vorzuschlagen. Ich sagte, dass auch posttraumatische Patienten keine Embryos sind, und jetzt rate ich Ihnen, die Deutung nicht an die höheren Ebenen zu richten, sondern die niedrigste Ebene zu suchen, auf welcher der Patient mit Ihnen kommuniziert. Heißt das nun, dass ich nicht konsequent bei meiner Technik bleibe? Vielleicht. Aber so verstehe ich die Psychoanalyse. Ich denke, es kommt ziemlich selten vor, dass in der Behandlungsstunde der von uns bevorzugte theoretische Denkansatz genau mit der uns anleitenden klinischen Theorie übereinstimmt.« (Eran Rolnik)Redekur enthält eine Zusammenstellung von 13 psychoanalytischen Gesprächen, die der Psychoanalytiker und Psychiater Eran Rolnik im Verlaufe der Covid-Pandemie mit Psychotherapeuten geführt hat. Es ist ein einmaliger, mehrstimmiger erlebnispädagogischer Text, der die feinsten Nuancen der analytischen bzw. psychotherapeutischen Begegnung berührt. Grundbegriffe und Streitdebatten, die sich manchmal in begriffliche Elfenbeintürme zurückgezogen haben, werden hier mit einem neuen, frischen Blick aus der Perspektive eines erfahrenen Klinikers, Forschers und Lehrer betrachtet, auch über die Grenzen der theoretischen Phantasie hinaus. Die Theorie ist für Rolnik zwar zentral für sein klinisches Wirken, legitimiert sich aber nicht als eigenständige Philosophie, losgelöst vom freien Geist der Psychoanalyse als Praxis und Ethik. Er kennt keine »heiligen Kühe« und sieht sich im Umkehrschluss auch nicht veranlasst, Denker als irrelevant zu disqualifizieren. Seine Verpflichtung gilt der therapeutischen Rede seiner Patienten sowie der Offenheit gegenüber den Weiten des Unbewussten im möglichst freud'schen Sinne.Redekur richtet sich an Therapeuten und Patienten sowie an Wissenschaftler und Studenten; sie verbindet ein breit angelegtes theoretisches Manifest mit einem inspirierenden klinischen Tagebuch, die beide ein neugieriges, skeptisches und liebendes Verhältnis zur Praxis, zur Theorie und zur Geschichte der Psychoanalyse verkörpern.