ISBN-13: 9783050046075 / Niemiecki / Twarda / 2009 / 232 str.
Spricht man heute von Pathos, dann meint man meist peinlichen Gefuhlskitsch. Diese Abwertung ist das Ergebnis einer Begriffsgeschichte, die um 1800 kippt. Wahrend die Poetik und Asthetik des 17. und 18. Jahrhunderts den hohen Kunstformen eine pathetische Ausdrucksweise vorschreiben, fasst Hegel das Pathos nur noch als das Leiden des vormodernen naiven Helden. Warburg beschreibt das Pathetische schlielich als eine in der Antike gepragte Stilform. Zu dieser Historisierung des Pathos, das vom zeitlosen Ideal der Kunst zu einer ihrer Entwicklungsstufen wird, gehort die Diagnose vom Pathosverlust in der versachlichten Moderne. Trotz aller Versuche einer Reaktivierung pathetischer Kunst, etwa im Expressionismus, wandert ein mit Ubertreibung und Trivialitat assoziiertes Pathos im 20. Jahrhundert in die Popularkultur ab. Vom modernen Unbehagen am Pathos aus adressieren die im Band versammelten Beitrage aus Literaturwissenschaft, Rhetorik, Kunstgeschichte und Filmwissenschaft problematische Punkte historischer Pathoskonzepte. Auf der Suche nach Widerspruchen setzen sie an historischen, diskursiven und medialen Ubergangen an: am Transfer zwischen Rhetorik und Poetik; zwischen Ethos und Pathos, zwischen realer Gewalterfahrung und ihrer formalisierten Darstellung, zwischen groen Gesten und privatem Gefuhlsausdruck im 18. Jahrhundert. Diskutiert werden ebenfalls die Auspragungen eines prosaischen Pathos im 19. Jahrhundert und dessen Verhaltnis zu medizinischen und psychiatrischen Diskursen sowie die Remodellierung des Pathos in den Bildmedien des 20. Jahrhunderts.