ISBN-13: 9781492174073 / Niemiecki / Miękka / 2013 / 236 str.
Leni ist 91 Jahre und leidet an einer schleichenden Nervendegeneration. ALS, amyotrophe Lateralsklerose, macht ihr das selbstandige Leben immer schwerer. Dem nahen Tod bewusst, folgt sie dem Wunsch ihrer Enkeltochter, ihre Lebenserinnerungen aufzuschreiben, solange sie das noch kann. Ein Jahr vorm ersten Weltkrieg in Freiberg /Sa. als letzte von vier Schwestern geboren, lernt sie ihren Vater erst bewusst kennen, als der nach dem Krieg von der Marine heimkehrt. Das Familienleben wird uberschattet von Arbeitslosigkeit, Inflation, Armut und Hunger. Durch Vaters Trink- und Spielsucht und seine Neigung zu einer anderen Frau bleibt von dem wenig verdienten Geld zu wenig fur den Haushalt. Frauen in dieser Zeit hatten keinen Beruf und konnten lediglich durch Handarbeiten etwas Geld verdienen. Das reicht nicht, um satt zu werden. Diese Not und Abhangigkeit sind pragend fur das kleine Madchen. Als Leni 12 Jahre alt ist, stirbt die Mutter. Die alteren Schwestern mussen selbst sehen, wie sie durchkommen. Keiner gibt dem Kind Geborgenheit, Nestwarme und fuhlt sich fur seine Weiterbildung verantwortlich. Mit bewundernswerter Disziplin und Hartnackigkeit sucht sie selbst immer wieder Wege, auf denen sie voran schreiten und auch satt werden kann. Als 22-Jahrige begegnet sie Erich, ihrer grossen Liebe, einem anderthalb Jahre jungeren Molkereilehrling. Beide haben nichts, als ihr Tochterchen Thea 1936 in Leipzig geboren wird. Ihr Plan ist, in vier Jahren zu heiraten. Erich soll seine Lehre beenden. Wahrend dessen sucht Leni weiter nach einem Beruf, zuerst als Arzthelferin. In den Arztpraxen wird sie mit der neuen Rontgentechnik vertraut. Erich muss im Hitler-Regime fur zwei Jahre zum Arbeitsdienst und wird 1939 zum Militar eingezogen. Nach Kriegsende 1945 sind beide zwei andere Menschen als zehn Jahre zuvor. Leni arbeitet als Rontgenassistentin und sorgt selbstandig fur ihr Kind; Erich hat unterdessen eine andere Frau geschwangert und geheiratet. Der Leser erlebt aus Lenis und auch Theas Sicht den schweren Bombenangriff auf Leipzig, Kriegsende mit der Besetzung durch die Amerikaner - April bis Juli 1945, und das Leben in der DDR mit Aufstand vom 17. Juni 1953. Im Fruhjahr 1958 sehen sich Mutter und Tochter veranlasst, Leipzig zu verlassen und uber Berlin in die Bundesrepublik zu fliehen. Leni findet leicht eine Anstellung in ihrem Beruf. Ab da ist das Leben sorgenfrei bis zum Alter. Mit unterschiedlichen Schrifttypen sind drei Strange gekennzeichnet: Lenis Erinnerungen, Zwischenbemerkungen ihrer Tochter und der Krankheitsverlauf. So erfahrt man parallel wie nach und nach die Lahmung voran schreitet. Bald ist eine Seite des Kehlkopfes gelahmt und das Schlucken wird zur Qual. Auch ihre lallende Sprache die alte Frau kaum noch zu verstehen. Aber bei vollen geistigen Kraften kann sie sich weiterhin schriftlich mitteilen. Grotesk erscheint daneben das aussichtslose Bemuhen der Tochter um die Pflege der alten Frau, trotz Pflegeversicherungen und caritativer Vereine. Kurz nach Lenis 92. Geburtstag stirbt Erich, drei Monate vor ihr. Bis zu ihrem Ende bleibt Leni umsorgt und geliebt von ihrer Tochter, den Enkeln und Urenkeln."