ISBN-13: 9783486563139 / Niemiecki / Miękka / 1997 / 455 str.
Trotz eines halben Jahrhunderts Holocaust-Forschung ist das Geschehen an den konkreten Tatorten des Massenmordes in Polen und in der Sowjetunion immer noch wenig erforscht. Die Juden in Ostgalizien sind vor allem durch ihre hervorragenden Kulturleistungen bekannt geworden. Dafur stehen Namen wie Joseph Roth und Manes Sperber. Vollig unbekannt hingegen sind die Geschehnisse unter deutscher Besatzung, als diese Volksgruppe, die uber eine halbe Million Menschen zahlte, in weniger als drei Jahren erbarmungslos ausgerottet wurde. Dieter Pohl zeichnet in seiner Studie die Organisation und Durchfuhrung dieses Massenverbrechens detailliert nach. Er kann sich dabei auf eine Fulle von Aktenmaterial stutzen, denn die Tater haben mehr Dokumente hinterlassen, als man bisher vermutet hat. Der Autor hat umfangreiche Recherchen in deutschen und in den zuganglich gewordenen osteuropaischen Archiven durchgefuhrt und daruber hinaus die gesamte, oft zu wenig beachtete, osteuropaische Forschungsliteratur verarbeitet. Die umfangreichen Akten aus den Ermittlungsverfahren, die nach 1945 durchgefuhrt wurden, erlauben eine differenzierte Darstellung des Verhaltens der am Massenmord Beteiligten. Der Autor schildert, wie ein zahlenmassig schwacher deutscher Besatzungsapparat der judischen Minderheit alle Lebensgrundlagen entzog und die Polizei in enger Zusammenarbeit mit der Zivilverwaltung und anderen Behorden den Massenmord durch Erschiessungen und Deportationen in Vernichtungslager organisierte. Die Tater handelten zwar nach Vorgaben aus Berlin, hatten jedoch grosse Handlungsspielraume vor Ort. Kennzeichnend ist die breite Beteiligung des Personals der Besatzungsherrschaft am Morden, das keineswegs nur das Geschaft weniger Spezialeinheiten war. Entscheidende Bedeutung fur die Radikalisierung des Antisemitismus hatte die korrupte, von Entburokratisierung und Improvisation gekennzeichnete Besatzungsherrschaft. Der Autor kann nachweisen, dass von einer Geheimhaltung der "Endlosung" keine Rede sein kann. Vielmehr waren die Morde im Osten weithin bekannt, genaue Informationen drangen ins Reich und in die ganze freie Welt."