ISBN-13: 9783484311541 / Angielski / Twarda / 1995 / 281 str.
Die Kommunikation mit mehreren Adressaten ist unter linguistischen, medienwissenschaftlichen oder politikwissenschaftlichen Gesichtspunkten insofern von Interesse und Brisanz, als eine solche Mehrfachadressierung zu einer qualitativen Veranderung der gesamten Kommunikationssituation fuhrt und adressatenspezifische Polyvalenzen nach sich zieht: Ein und derselben Auerung lassen sich in bezug auf ihren pragmatischen Gehalt adressatenspezifisch unterschiedliche Bedeutungen zuschreiben. Im ersten Hauptteil der Arbeit geht es um eine Differenzierung des Adressatenbegriffs. Im Anschlu an eine kritische Diskussion der Adressatenproblematik in der linguistischen, medienwissenschaftlichen und handlungstheoretischen Forschung werden auf der Basis eines beschreibungsabhangigen Adressatenbegriffs Idealformen von Mehrfachadressierungen herausgearbeitet: Am Beispiel von Parlamentsdebatten, politischen Reden und Presseberichten werden absichtliche, in Kauf genommene und unabsichtliche Adressierungen mit mehreren Kommunikationspartnern analysiert und unterschieden. Durch die Unterscheidung von Adressierungsformen (z.B. angesprochener Adressat) und Adressierungsarten (z.B. gemeinter Adressat) lassen sich zudem eine Reihe adressatenspezifischer Kommunikationskonstellationen unterscheiden: offene und verdeckte sowie kodierte und inszenierte Mehrfachadressierungen. Diese werden an einer Vielzahl unterschiedlicher Texte (Arbeitszeugnisse, Schulzeugnisse, Beschwerderituale, Kleinanzeigen, Beipackzettel, Reisekataloge, politische Reden, Parlamentsreden, Kompromiformeln) illustriert. Im zweiten Hauptteil der Arbeit werden routinehafte Verhaltensweisen in der parlamentarischen Debatte (Zwischenrufe, Zwischenfragen, Parlamentsreden) als Modellfalle mehrfachadressierten Sprachhandelns analysiert. Mehrfachadressierungen lassen sich dabei auf der gesprachsorganisatorischen, thematischen und textsortenspezifischen Ebene festmachen und beschreiben. Unter dem Aspekt der Mehrfachadressierung und Inszeniertheit konnen dabei auch die bisherigen parlamentarischen Reformvorschlage kritisch eingeschatzt werden. Sie gehen am eigentlichen Problem vorbei und tragen nur zur Verstarkung und Zementierung des Diskussions-Mythos und damit zu einer Fortschreibung der von der Aufklarung herkommenden bildungsburgerlichen Illusion von politischem Handeln bei.