ISBN-13: 9783531153551 / Niemiecki / Miękka / 2007 / 225 str.
Nun gibt es aus gutem Grund die Unterscheidung zwischen theoretischer bzw. allgemeiner und angewandter Kriminologie. Und so wird man anerkennen, dass es dem Charakter von Grundlagenforschung widerspricht, unablassig auf konk- te Verwertungsmoglichkeiten zu schielen. Problematisch aber durfte das Selb- verstandnis einer Kriminologie sein, die ihre Funktion generell nur darin sieht, der Gesellschaft oder bestimmten Akteuren allenfalls einen kritischen Spiegel vorzuhalten und sie so zum Nachdenken zu bringen, sich aber daruber hinaus jeder Inanspruchnahme verweigert, um zu einer Verbesserung der Verhaltnisse beizutragen. Kaum weniger problematisch ist die Variante der Kriminologie, die mutwillig oder fahrlassig ihre Anschlussfahigkeit an die kriminalpolitische D- kussion und die Praxis der Kriminalitatskontrolle auf Spiel setzt. Von einer Fachwissenschaft, die sich mit einem gesellschaftlichen Problemfeld wie der Kriminalitat beschaftigt, konnen Erkenntnisse und Diskussionsbeitrage erwartet werden, die in welcher Form auch immer praxisrelevant und nutzlich sind. Ein entsprechendes Bewusstsein dafur sollte sich schon aus dem Verantwortungs- fuhl und der Berufsethik der Forscher speisen, aber naturlich hat dies auch A- wirkungen auf die gesellschaftliche, politische und mediale Anerkennung der Zunft und die Ausgestaltung ihrer Rahmenbedingungen. Dabei wird die tendenziell bei allen Wissenschaftsdisziplinen bestehende Kluft zwischen Theorie und Praxis nicht verkannt, folgen doch Wissenschaft und Politik bzw. (Berufs-)Praxis unterschiedlichen Zielen und Handlungslogiken. Aber dennoch sollte Wissenschaft ihren Zweck nicht nur in sich selbst finden. Trotz der immer wieder beklagten Schwierigkeiten, in der Medien- und Inter- sendemokratie Gehor zu finden und wirksam zu einer rationalen Kriminalpolitik beizutragen, gibt es zu solchem Bemuhen keine vertretbare Alternative."