ISBN-13: 9781546434337 / Niemiecki / Miękka / 2017 / 42 str.
ISBN-13: 9781546434337 / Niemiecki / Miękka / 2017 / 42 str.
" In die Zustande der Halbkulturen, aber auch in die Kultur vor der Herrschaft des Christentums pflegen wir die Einheit von Lebenselementen zu verlegen, die die spatere Entwicklung auseinandergetrieben und zu Gegensatzen ausgestaltet hat. So hart der Kampf um die physischen Existenzbedingungen, so unbarmherzig die Vergewaltigung des Individuums durch die gesellschaftlichen Forderungen gewesen sein mag - zu dem Gefuhl einer fundamentalen Spaltung innerhalb des Menschen und innerhalb der Welt, zwischen dem Menschen und der Welt, scheint es vor dem Verfall der klassischen Welt nur ganz vereinzelt gekommen zu sein. Das Christentum erst hat den Gegensatz zwischen dem Geist und dem Fleisch, zwischen dem naturlichen Sein und den Werten, zwischen dem eigenwilligen Ich und dem Gott, dem Eigenwille Sunde ist, bis in das Letzte der Seele hinein empfunden. Aber da es eben Religion war, hat es mit derselben Hand, mit der es die Entzweiung stiftete, die Versohnung gereicht. Es mute erst seine bedingungslose Macht uber die Seelen verlieren, seine Losung des Problems mute erst mit dem Beginn der Neuzeit zweifelhaft geworden sein, ehe das Problem selbst in seiner ganzen Weite auftrat. Da der Mensch von Grund aus ein dualistisches Wesen ist, da Entzweiung und Gegensatz die Grundform bildet, in die er die Inhalte seiner Welt aufnimmt, und die deren ganze Tragik, aber auch ihre ganze Entwicklung und Lebendigkeit bedingen - das hat das Bewutsein erst nach der Renaissance als seine Agide erfat. Mit diesem Herabreichen des Gegensatzes in die tiefste und breiteste Schicht unser und unseres Bildes vom Dasein wird die Forderung seiner Vereinheitlichung umfassender und heftiger; indem sich das innere und auere Leben in sich bis zum Brechen spannt, sucht es nach einem um so kraftigeren, um so luckenloseren Bande, das uber den Fremdheiten der Seinselemente ihre trotz allem gefuhlte Einheit wieder begreiflich mache..."