ISBN-13: 9783525370544 / Niemiecki / Twarda / 2023 / 464 str.
Das polnische Militar war wie kaum eine andere Institution an der Grundung und Ausgestaltung der Zweiten Polnischen Republik beteiligt. Ob und in welchem Masse Staatsburger, die nicht der polnischen Mehrheitsgesellschaft angehorten, Zugang zu den Streitkraften erhalten sollten, war umstritten. Besonders deutlich trat das Spannungsverhaltnis zwischen der allgemeinen Wehrpflicht und dem Nationalisierungsanspruch der Armee im polnisch-judischen Verhaltnis zutage. Es war gepragt von der Gleichzeitigkeit aus Ablehnung und Kooperation, Ausschluss und Inkorporation. Dies spiegelte sich sowohl im militarischen Alltag als auch in der Erinnerungskultur wider. Christhardt Henschel macht diese ebenso vielschichtige wie widerspruchliche Beziehung sichtbar. Zugleich zeigt er, dass der Umgang des polnischen Militars mit seinen judischen Wehrpflichtigen stellvertretend fur die Minderheitenpolitik der sich nach dem Zerfall der imperialen Vorkriegsordnung konstituierenden Republik steht. Dabei wird der starke Einfluss nationaler Gedachtnisnarrative und normativer Vorstellungen des 19. Jahrhunderts deutlich, die die Aushandlungsprozesse um Fragen der Emanzipation, Gleichberechtigung und nationalen Zugehorigkeit der judischen Bevolkerung bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges begleitet hat. Auf diese Weise entsteht ein differenziertes Bild des polnisch-judischen Verhaltnisses zwischen 1918 und 1939.