ISBN-13: 9783810015433 / Niemiecki / Miękka / 1997 / 570 str.
11 Eine Subjektivierung des Musikerlebnisses bringt dann die Neuzeit mit sich. Musik er freut nach Descartes, wenn ihre mathematische Struktur fur den Sinn klar erkennbar ist, ohne einformig zu sein. Zweck der Musik ist eigentlich die Sinnesfreude, die freilich eine Form mathematischer Erkenntnis (zugleich) ist. Erst mit der Erstehung der Kunstphiloso phie und Asthetik, endgultig im 18. Jahrhundert, gerat Musik in einen neuen Zusammen hang. Nun wechselt sie aus dem Bereich der artes liberales, also dem der Wissenschaft und ontologischen Rationalitat, in den Kreis der schonen Kunste uber und wird damit zu einem primar oder ausschliesslich asthetischen Phanomen. Nun wird sie zum Produkt des unbe wusst schaffenden Genies. Die bildende Kunst ahmt eher die aussere sichtbare Natur und der Menschen nach; die unsichtbare, innere Natur des Menschen, Gemut und Leidenschaften, sind nun Inhalt musikalischen Ausdrucks. Damit gehort Musik auch nicht mehr den nach ahmenden Kunsten an und konstituiert sich als Ausdruckskunst: "Als ihr Gehalt erweisen sich bald nicht mehr die tabellarisch erfaBten bestimmten Affekte, sondern das viel weitere Feld der Empfindungen. Diese werden von der Empfindungstheorie der Leibniz-Schule als ein Kontinuum klarer, aber verworrener Vorstellungen beschrieben (clara et confusa re praesentatio)" (ebd., S. 250). In der Aufklarung zum Ausdrucksorgan der Subjektivitat geworden, wird Musik in der Romantik uber das Gefuhl als Ahnung und Gegenwart des Absoluten interpretiert: Die Seele weitet sich. Diese zwar wirkungsvolle Unbestimmtheit wirft das Problem der Form-Inhalt-Beziehung auf."