ISBN-13: 9783531220703 / Niemiecki / Miękka / 1978 / 224 str.
Alle industriellen Gesellschaften sind auf dem Wege von der naturwuchsi gen zur gesellschaftlich geplanten und organisierten Sozialisation und Erzie hung. Der Anteil derjenigen interaktiven Prozesse des Einwirkens auf den Aufbau der soziokulturellen Personlichkeit der Heranwachsenden wird standig grosser, der von gesellschaftlich formal beauftragten und kontrollier ten Rollentragern in eigens zu diesem Zweck konstituierten komplexen sozialen Organisationen durchgefuhrt wird. Der Anteil derjenigen Prozesse wird kleiner, der als Nebenprodukt interaktiver Beziehungen mit durc;haus multivalenter sozialer und gesellschaftlicher Funktionsbestimmung gross tenteils unbeabsichtigt und ungeplant ablauft. Das gilt nicht nur in der Perspektive der biographischen Entwicklung des einzelnen Kindes und Ju gendlichen: Die Zeit, die in formal organisierten Sozialisationsinstanzen im Laufe des Heranwachsens verbracht wird, nimmt gegenuber fruheren Pha sen der gesellschaftlichen Entwicklung zu i man denke an die Ausweitung der Pflichtschulzeit. Das gilt auch in der Perspektive des kollektiven gesell schaftlichen Organisierungsgrades der jungen Generation: Der Anteil eines Altersjahrgangs, der von staatlichen oder zumindest offentlich verfassten Erziehungseinrichtungen wie Kindergarten, Vorschulen, Schulen und Hochschulen erfasst wird, wird von Jahrzehnt zu Jahrzehnt grosser. Die Ursachen dieses Entwicklungsprozesses liegen in umfassenden ge samtgesellschaftlichen Veranderungen, insbesondere in den miteinander verflochtenen Faktoren des Wandels der okonomischen Produktions-und Verwertungs bedingungen, der politischen Herrschafts-und Entscheidungs strukturen und der makrogesellschaftlichen Sozialstrukturen. Eine Analyse der Entwicklung der Sozialisations- und Erziehungsprozesse in unseren Gesellschaften muss deshalb verbunden sein mit einer Analyse dieser gesell schaftlichen Veranderungen selbst. Eine Sozialisationstheorie muss notwen digerweise in eine Theorie gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse uber gehen und Bestandteil einer umfassenden Gesellschaftstheori