ISBN-13: 9783531167589 / Niemiecki / Miękka / 2009 / 280 str.
Vorwort Judikative Macht wird ausgeubt, wenn Gerichtsurteile uber die legitime Geltung e- kutiver und legislativer Akte befolgt werden. Judikative Macht setzt damit zunachst zweierlei voraus: Zum einen lassen sich die Handlungen und Entscheidungen der E- kutive und Legislative an etwas bemessen, das ihnen wie eine Verfassung normativ vorangeht. Zum anderen setzt die Macht der Judikative voraus, dass die Entscheidung uber die Vereinbarkeit mit einer derart normativ vorrangigen Verfassung schliesslich auch einer Verfassungsgerichtsbarkeit obliegt. Ware die Bedeutung der Verfassung allerdings stets eindeutig oder konnte sie anderweitig ihre Bedeutung kontrollieren, dann liesse sich unter diesen beiden Voraussetzungen noch nicht von einer Macht der Judikative sprechen. Stattdessen handelte es sich genau genommen um die Macht der Verfassung, die durch die Verfassungsgerichtsbarkeit ausgefuhrt wird. Die Macht der Judikative eroffnet sich deshalb erst unter einer dritten, hinreichenden Voraussetzung: der Unverfugbarkeit der gedeuteten Verfassung uber ihre Bedeutung. Erst unter dieser Bedingung wird aus dem bloss den Verfassungssinn vollstreckenden Verfassungs- richt eine souveran uber ihre Bedeutung entscheidende Instanz. Die Macht der Judi- tive muss insofern als Deutungsmacht spezifiziert werden. Deren Komplexitat, so m- ne erste zentrale These, lasst sich jedoch erst dann analytisch erschliessen, wenn d- entsprechend genau zwischen den Ebenen der gedeuteten Verfassung, des deutenden Gerichts und der Deutung selbst unterschieden wird. Obwohl die Judikative auf diese Weise also Deutungsmacht ausuben kann, besitzt sie keine Macht. Denn die Macht der Judikative existiert nur im Moment ihres Vo- zugs. Die judikative Deutungsmacht ist deshalb immer eine Frage der Praxis."