ISBN-13: 9783825501211 / Niemiecki / Miękka / 2017 / 264 str.
Identitatsentwicklung in einer krisenhaften Spatmoderne: Aus der Sicht der Sozialpsychologie stellt sich die Frage, ob und wie in Gesellschaften 'ohne Projekt', ohne ubergreifende, sinnstiftende 'Metaerzahlungen', die Individuen noch koharente Selbste bilden und bewahren konne. Denn die einzelnen sehen sich bestandigen Umbauforderungen ihrer Identitat ausgesetzt. Diskutiert werden zunachst neuere psychologische Theorien der Identitatsentwicklung als 'Kommentare zu einer krisenhaften Spatmoderne' (J.E. Marcia, C. Camilleri und Glynis Breakwell). Sie zeugen alle von einer wachsenden Skepsis gegenuber dem normativen Anspruch einer 'gelingenden Identitat'. Ein weiterer Schritt stellt die Frage nach der Koharenz des Erlebens. Ausgangspunkt ist die Multiple Personlichkeitsstorung als Extremfall psychischer Dissoziation. Gefragt wird nach den normativen Einlagerungen in das Konzept der Koharenz.
Als theoretisches Modell wird schlielich das Konzept der narrativen Identitat vorgeschlagen: Identitat wird erzahlend konstruiert. Die einzelnen arbeiten sich ab an dem Repertoire an Selbst-Geschichten, das in einer Gesellschaft moglich ist. Das Erzahlen ist ein sozialer Austauschproze, denn jede Selbst-Narration mu von anderen bestatigt werden. Ein wichtiger Fokus von solchen Selbst-Erzahlungen ist die zukunftsorientierte Formulierung von Identitatsprojekten. Denn Identitatsbildung als dynamisches Geschehen findet nicht blo situativ statt, sondern wesentlich auch prospektiv.
Auf der Basis dieses theoretischen Modells werden in einer empirischen Studie Identitatsprojekte von jungen Erwachsenen analysiert. Die gefundenen Typen konnen gelesen werden als Kommentare zur Identitatsentwicklung in einer krisenhaften Spatmoderne.
Der Autor, Dr. Wolfgang Kraus, ist derzeit wissenschaftlicher Angestellter an der Universitat Munchen, Sonderforschungsbereich 536, Projekt B2: Individualisierung und posttraditionale Ligaturen - die soziale Figuration der reflexiven Moderne.