ISBN-13: 9783844818192 / Niemiecki / Miękka / 2018 / 702 str.
Der Hirschgott Cernunnos ist eine der markantesten Gestalten der keltischen Gotterwelt. Er druckt zugleich eine archaische Wildheit und eine hohe meditative Konzentration aus und lasst ein volleres Leben ahnen. Die umfassendste Darstellung des Cernunnos findet sich auf dem Kessel von Gundestrup, deren Bilder ihn als einen Schamanen-Priester bei einer Einweihung darstellen. Solche Einweihungen sind in erster Linie rituelle Jenseitsreisen. Die bekannteste dieser Einweihungen zur Zeit des Cernunnos waren die Mysterien von Eleusis, mit denen die Rituale des Hirsch-Schamanen eng verwandt waren. Die Herkunft des Cernunnos lasst sich uber die Hirschgotter der Indogermanen und die Symbolik der gehornten Herdentiere in der Jungsteinzeit bis zu den Hohlenmalereien der Altsteinzeit zuruckverfolgen. Diese Tradition lebte bis in die historische Zeit der keltischen Uberlieferungen aus Irland und Grossbritannien weiter, wo sie u.a. die Sagen um die Druiden Fionn, Amairgen, Taliesin und Merlin gebildet hat, in denen in mythologischer Form immer noch von denselben Ritualen berichtet wird. Hirsche spielen in den keltisch-irischen Sagen eine wichtige Rolle - es wird sogar beschrieben, wie sich Merlin in einen Hirsch verwandelt. Diese Jenseitsreisesymbolik, mit der der Hirsch und der Hirsch-Schamane verbunden waren, endete keineswegs mit dem Beginn des Christentums in den Siedlungsgebieten der Kelten: Die franzosischen Konige fuhrten in ihrer Kronungszeremonie und Kronungssymbolik die keltische Tradition weiter, sodass bis ins 18. Jahrhundert hinein der geflugelte Hirsch das Zeichen der franzosischen Konige geblieben ist. Cernunnos war so fest in den Vorstellungen der Kelten verankert, dass die christlichen Missionare ihn nur durch Integration besiegen konnten: St. Hubertus."