ISBN-13: 9781910621615 / Niemiecki / Miękka / 2016 / 254 str.
ISBN-13: 9781910621615 / Niemiecki / Miękka / 2016 / 254 str.
Er hatte es sehr lieb Es war jung, rein, schon und wei wie eine Wolke am Fruhlingshimmel. Der Hirte hat ihm immer liebevolle Blicke zugeworfen und ist stets darauf bedacht gewesen, es ihm an nichts fehlen zu lassen, damit es seine Liebe erwidere. Aber das Schaflein lauft davon. Auf dem Weg am Rand der Weide hat sich ein Versucher herangeschlichen. Er tragt einen ein vielfarbiges Gewand, einen goldenen Gurtel, an dem silberne Glocklein hangen, die wie Lerchenstimmen klingen, und Gefae mit berauschenden Essenzen . . . und in der Hand ein mit Perlen besetztes Rauchfass, aus dem ein betorender Rauch, der gleichzeitig Duft und Gestank ist, aufsteigt, wahrend das Glitzern der Schmuckstucke, die Augen blendet. Er geht singend daher und streut Salz aus, das auf der dunklen Strae glitzert. Neunundneunzig Schafe schauen ihn an und bleiben, wo sie sind. Das Hundertste, das Jungste, das Lieblingsschaf, macht einen Sprung und verschwindet hinter dem Verfuhrer. Der Hirte ruft nach ihm, aber es kehrt nicht zuruck. Es lauft rascher als der Wind, um den Vorubergegangenen einzuholen; um sich beim Laufen zu starken, kostet es von dem Salz, und verspurt darauf ein Brennen und ein fremdartiges Gefuhl, das es verfuhrt, nach dem tiefen Wasser im Dunkel des Waldes zu lechzen. Und in der Wildnis verliert es sich; es fallt, steht auf, fallt wieder . . . Ein-, zwei-, dreimal fuhlt es an seinem Hals die Umarmung von Schlangen, und in seinem Durst trinkt es schmutziges Wasser, und da es hungrig ist, frisst es ekelerregende Blatter und Krauter. Der gute Hirte bringt die neunundneunzig Schafe in Sicherheit; dann macht er sich auf den Weg und sucht so lange, bis er Spuren des verlorenen Schafleins gefunden hat, und seine Einladung in den Wind schlagt, und er sieht es von weitem, trunken vom Geifer der Schlangen, so trunken, dass es keine Sehnsucht nach dem geliebten Antlitz verspurt, sondern daruber spottet. Und es fuhlt sich schuldbewut, gleichsam als Dieb, der in eine fremde Wohnung eingedrungen ist, so schuldbewut, dass es keinen Mut mehr hat aufzuschauen . . . Aber der Hirte wird nicht mude . . . Er geht weiter sucht nach ihrer Spuren, Weinend sieht er auf den Spuren des verlorenen Schafleins Wollfetzen: Fetzen der Seele; Blutspuren; verschiedene Vergehen; Schmutz: Beweis seiner Wollust. Er geht weiter und holt es ein. Ah Ich habe dich gefunden, geliebtes Schaflein. Ich habe dich eingeholt Wie weit bin ich deinetwegen gelaufen, um dich in den Schafstall zuruckzuholen Neige nicht beschamt den Kopf. Deine Sunde ist in meinem Herzen begraben. Niemand auer mir, der ich dich liebe, wird es erfahren. Ich werde dich verteidigen vor fremder Kritik. Ich werde dich mit meiner Person decken und dir ein Schild sein gegen die Steinwurfe der Anklager. Komm Bist du verwundet? Oh, zeige mir deine Wunden. Ich kenne sie. Aber ich mochte, dass du sie mir zeigst mit dem Vertrauen, das du hattest, als du noch rein warst und mich, deinen Hirten und Gott, mit unschuldigen Augen ansahst. Sieh, da sind sie. Wie traurig sie doch sind Wer hat dir so tiefe Wunden im Grunde deines Herzens geschlagen? Der Versucher, ich wei es Er, der keinen Hirtenstab und keine Axt hat, aber dessen vergifteter Biss in die Tiefe dringt. Und seines falschen Edelsteine Sie haben dich verfuhrt mit ihrem Glitzern . . . . Aber es war nur Hollenschwefel, der ans Licht gezogen wurde, um dir das Herz zu verbrennen. Schau, wie viele Wunden Welch zerrissenes Fell, wie viel Blut, wie viele Dornen O arme, kleine, enttauschte Seele Aber sage mir: Wenn ich dir verzeihe, wirst du mich dann wieder lieben? Sage mir: Wenn ich die Arme nach dir ausstrecke, wirst du dann herbeieilen? Deine Tranen, mit den meinen vermischt, waschen die Spuren deiner Sunde ab, und ich will dir meine Brust und meine Venen offnen, weil du vom Ubel, das dich verbrannt hat, aufgezehrt bist, und ich sage zu dir: "Nahre dich und lebe." Komm, dass ich dich in meine Arme ne