"Für eine theologische und kanonistische Auseinandersetzung mit dem Thema Partnerschaft, Ehe und Familie hält die Betrachtung des familialen Lebens unter Netzwerkgesichtspunkten einige erhellende Aspekte bereit. Insbesondere ermöglicht die Netzwerkperspektive, der der soziale Beziehungen bzw. Beziehungsgefüge, nicht Individuen die relevante Untersuchungseinheit sind, einen differenzierten Blick auf unterschiedliche Verhaltensweisen von Individuen in verschiedenen Kontexten und die sich daraus ergebenden, höchst vielfältigen sozialen Beziehungen und Beziehungsintensitäten [...]." DPM - De Processibus Matrimonialibus, 14/2007
Gemeinschaft und Gesellschaft - Die Dichotomie von Gemeinschaft und Gesellschaft in den Gesellschaftstheorien - Das Theoretische Konzept des sozialen Netzwerks - Die Methode der Netzwerkanalyse - Verlust oder Liberalisierung von Gemeinschaft?
Dr. Marina Hennig ist Privatdozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Ist die heutige Gesellschaft beziehungslos? Können Sozialformen ohne gemeinschaftliche Bindungen überhaupt bestehen? Wie sieht das Zusammenleben der Individuen in einer "individualisierten Gesellschaft" aus? Dies sind die zentralen Fragen einer Studie, die den Bogen von der Gemeinschafts- und Gesellschafts-Debatte hin zur Netzwerkperspektive spannt. Eingangs werden die wichtigsten Protagonisten dieser Debatte vorgestellt und deren unterschiedliche Positionen verdeutlicht. Der gesamten Debatte liegt die Begriffsdichotomie Gemeinschaft - Gesellschaft zu Grunde, die nicht zu einem der Moderne eigenen Gesellschafts- und Gemeinschaftsverständnis führt. Die anschließende kritische Diskussion kommt zu dem Ergebnis, dass in der modernen Gesellschaft nur eine netzwerktheoretisch orientierte Lesart dieser Begriffe die Komplexität von Gemeinschaft und Gesellschaft erfassen kann. Daher konzentriert sich die Arbeit verstärkt auf die soziale Netzwerkperspektive. Auch wenn die Netzwerkperspektive heute noch kein einheitliches Paradigma ist oder ein kohärentes Theoriegebäude darstellt, so ist es vor allem der explizit relationale Blickwinkel, der die Möglichkeit schafft, den bisher angenommenen Dualismus von Gemeinschaft und Gesellschaft zu überwinden.