ISBN-13: 9781500688530 / Niemiecki / Miękka / 2014 / 118 str.
Seit einer Stunde sass der Mann vor dem Spiegel, puderte und schminkte sich das Gesicht. Man hatte ihn fur einen Schauspieler halten konnen, der sich auf eine Premiere vorbereitet. Sein dunkles Haar war kurz geschnitten, der Scheitel in der Mitte wie mit dem Lineal gezogen. Der Mann warf einen letzten prufenden in den Spiegel. In seine harten, kalten Augen trat ein zufriedener Glanz. Anschliessend spruhte er sich noch etwas Parfum unter die Achselhohlen. Und wahrend er seinen blauen Sonntagsanzug mit den Nadelstreifen anzog, dachte er daran, wie er mit Vorliebe als 16jahriger ein Panoptikum mit den Wachsfiguren von Raubmordern besucht hatte. So in Killer wollte der Mann in dem Nadelstreifenanzug auch sein. Dies geschah am 8. Februar 1929. Es war der blutige Auftakt einer langen Kette von Grausamkeiten. Noch nie in der deutschen Kriminalgeschichte wurden die Menschen von einem Morder in solche Angst versetzt wie in Dusseldorf im Jahre 1929. Sein Name: Peter Kurten, der Vampir von Dusseldorf. Der Spitzname, den die Presse ihm damals verpasste, war auf die Tatsache zuruckzufuhren, dass er das Blut seiner Opfer aus einer nachtraglich zugefugten Halswunde trank. Wie ein Phantom schlug er immer wieder zu: unberechenbar, meist abends. Seine Mordwaffen waren Wurgegriff, Schere, Dolch, Hammer. Wie war es moglich, dass die Polizei das Phantom nicht fassen konnte? Kapitale Fehler bei den Ermittlungen und ein satanisches Gluck halfen Kurten immer wieder, der Festnahme zu entgehen. Seine beste Tarnkappe war seine elegante Kleidung und sein Charme den Frauen gegenuber. Nur so war es zu erklaren, dass sie alle Warnungen in den Wind schlugen und sich immer wieder von ihm ansprechen liessen. Die Morde des Rheinlanders erschutterten ganz Deutschland und inspirierten Fritz Lang zu seinem Filmklassiker M, eine Stadt sucht einen Morder. Kurten wurde im Mai 1930, nach Fertigstellung des Drehbuchs, verhaftet. Drei Wochen nach seiner Hinrichtung hatte der Film Premiere."