ISBN-13: 9783484321014 / Niemiecki / Twarda / 1999 / 457 str.
Der Dichter und Padagoge Friedrich Pustkuchen (1793-1834) mystifizierte 1821 das literarische Publikum mit den sogenannten falschen Wanderjahren, in denen das Goethesche Poesieverstandnis und der Wilhelm Meister herbe Kritik erfuhren. Heftige Reaktionen zahlreicher goethetreuer Literaten (von Arnim bis Tieck) und etliche Invektiven Goethes belegen die Wirksamkeit von Pustkuchens Werk, das Goethe zur zweiten Version der Wanderjahre von 1829 angeregt hat. Durch die Beschaftigung mit Pustkuchens romanesker Streitschrift lat sich ein deutlicheres Bild der gehaltlichen und formalen Entwicklung der Meister-Romane gewinnen. Gleichzeitig zeigen sich Goethes zunehmende konzeptionelle Schwierigkeiten mit den im Meister propagierten Lebensidealen. Der literarische Streitfall, der als einzige Initialzundung der Goethekritik zu Lebzeiten Goethes gelten kann, zeigt die schwierige soziale und geistige Situation deutscher Autoren der Restaurationszeit angesichts von Goethes beherrschendem Einflu und gestattet es, eine Art goethespezifisches Meinungsprofil fur das fruhe 19. Jahrhundert zu entwerfen. Durch eine Fulle von Archivmaterialien konnten Friedrich Pustkuchens Leben und seine kritische Beziehung zum Werk und zur Asthetik Goethes detailliert dargestellt werden. Zu diesem Zweck wurden in einem umfangreichen Textanhang schwer zugangliche Texte Pustkuchens publiziert, darunter zum ersten Mal seine beiden Briefe an Goethe. Die vielfaltigen germanistischen Versaumnisse und Fehlinterpretationen im Fall Pustkuchens, die dokumentiert werden, werfen am Rande auch ein interessantes Schlaglicht auf die deutsche Ubergroen-Philologie und die Kanonisierung der Weimarer Klassik am Beispiel Goethes.